26.06.2012 TAG 6 „Jesus war auch nur ein Kommunist“
Welches Bild hat man vor Augen,
wenn man von Missionaren hört? Meines war eher negativ behaftet – strikt
gläubige Menschen, die versuchen andere um jeden Preis zur eigenen Religion zu
bekehren. Nun, heute wurde ich eines besseren belehrt!
Der Tag hat damit begonnen, dass
wir um 5:30 aufstehen um die Zentrifuge zu testen. Wir erhoffen uns zu dieser
Uhrzeit, weniger Spannungsverluste, da hoffentlich noch alle anderen in Ihren
Betten liegen und träumen. Während Nelson sich seine ersten Stromschläge holt, überimpfe ich meine Kulturen zum ersten Mal
von ihren winzigen Transportröhrchen auf unsere frischen Agarplatten, und sende
Gebete an den Schutzpatron aller Bakterien (ob das Robert Koch ist?!), dass die
Strapazen hoffentlich doch nicht zu viel für sie waren.
Kurz darauf holt uns Monika mit
einem Taxi ab und wir fahren in die Stadt um uns nach einer großen Glasflasche
und Zentrifugengefäßen in der richtigen Größe für unsere Versuche umzusehen.
Das Viertel „Adum“ ist ein brodelnder Händlertopf und so gut wie alles ist hier
erhältlich, man muss nur wissen wo. Wir klappern einige Geschäfte ab, aber
werden nicht fündig. Als wir schließlich in einen Supermarkt für Europäer gehen
und schon gar nicht mehr erwarten fündig zu werden, steht sie plötzlich vor
uns: eine 5 Liter Glasflasche gefüllt mit Importwein. Aber die Flasche muss bis
morgen warten, denn wir besuchen heute Monikas Freund – Father Othmar, der
Missionar.
Die Fahrt von Kumasi nach Kintampo dauert ungefähr 3
Stunden (Kosten: 6,50 Ghc ~ 3 €), wovon ich die meiste Zeit verschlafe. Ich
finde die Vibration des Trotros einfach zu entspannend, aber vielleicht täusche
ich mich auch und ich bin einfach nur zu Benebelt von den Abgasen der Stadt und
dem Wassermangel, um nicht während der Fahrt ein Klo erhoffen zu müssen.
Father Othmar ist Österreicher
und lebt seit 35 Jahren in Ghana. Im Rahmen seines letzten Projekt hat er das
Gebäude errichtet, das ein kleines Türmchen besitzt und auch ein kleines
Guesthouse beinhaltet. Er ist schon viel in der Welt gereist, aber in Ghana hat
er seine Liebe gefunden und dies zeigt sich darin, dass er Twi und einige
andere Dialekte spricht und versucht möglichst einfühlsam die ghanaische Kultur
zu verstehen.
Wir bringen nur schnell unsere
Sachen in unsere einfachen, aber dennoch charmanten Zimmer und machen uns auf
den Weg zum Fuller-Waterfall. Kintampo ist nämlich vorallem für seine
Wasserfälle bei Touristen bekannt. Mit 80 km/h brettern wir eine Strasse
entlang die aussieht wie Schweizer Käse, aber zum Glück nicht staubt, da ja
Regenzeit ist. Und so präsentiert sich auch der Wasserfall – ein vom Regen
übervoller, reisender Strom, der sich seinen Weg einen Hang hinab bahnt. In der
Trockenzeit kann man hier baden gehen und sogar hinter den Wasserfall
spazieren, aber daran ist heute gar nicht zu denken. Der Ausblick vom kleinen
Picknickplatz (von einem Bruder von Father Othmar errichtet) hat etwas
meditatives. Direkt neben dem Wasserfall kann verschlägt es einem aber den
Atem, einerseits wegen des Anblicks und andererseits da durch die Kraft des Wassers
ein starker Wind feine Tröpfchen durch die Luft wirbelt.
Wieder zurück in Father Othmars
Haus, schnappen wir uns ein Star-Bier als Sundowner und begeben uns auf den
Turm. Sowohl das Geländer des Turms, als auch 2 Tore zeigen seine Vorliebe für
Beatles-Songs, denn sie enthalten Titel von Beatlessongs und ich bin einfach
nur verzückt von der netten Idee. Die Aussicht vom Turm ist umwerfend, da Ghana, bis auf einen Berg im Osten (~ 1000
m) relativ flach ist. Wir genießen den Sonnenuntergang mit unserem Bier und
reden über Gott und die Welt, wobei sich
vor allem beim Thema Gott
herausstellt, dass Father Othmar nicht das ist was ich mir unter einem
Missionar vorgestellt hatte, denn von Zwangsbekehrung keine Spur. Offenheit und
Respekt gegenüber allen Religions- und Weltanschauungsbildern zeichnet ihn aus,
denn schließlich war Jesus auch nur ein Kommunist! Es ist interessant wie beim
Spiritualität mit Reisen zusammenlaufen und so dürfen wir auch beim und nach
dem Abendessen an seinen Erfahrungen teilhaben. Auch von Monika erfahren wir
bewegendes über ihr Leben in Ghana.
Wir gehen schließlich kurz vor
Mitternacht ins Bett, mit dem Gefühl viel über die ghanaische Kultur
dazugelernt zu haben und mit tiefem Respekt vor diesen beiden Menschen, die ihr
Leben voll und ganz diesem Land gewidmet haben.
Wäre Jesus ein Kommunist gewesen, wäre er niemals zur berühmtesten Persönlichkeit der Welt geworden, auf der bis heute die planetare Zeitrechnung basiert:
AntwortenLöschenKommunismus – auf die Probe gestellt